Frau Schwerdtner, Herr van Aken, Sie betreten als neu gewählte Vorsitzende der Linken die bundespolitische Bühne. Sie haben sich auch gegenseitig erst vor kurzem so richtig kennengelernt. Is hat Sie aneinander am meisten überrascht?
Schwerdtner: Wir haben von Anfang i gut zusammengepasst. Wir gehen beide pragmatisch an unsere Aufgaben heran.
Van Aken: Über sich selbst lachen! Das kann nicht jeder, aber das haben wir gemeinsam.
Frau Schwerdtner, was kann Herr van Aken als Parteichef schon richtig gut? Und was muss er noch lernen?
Schwerdtner: Ich habe am Freitag beim Thema Nahost gesehen, dass Jan sehr gut verhandeln und nicht nur die Delegierten, sondern die ganze Partei überzeugen kann. Sogar bei so einem schwierigen Thema. Bei den Outfits müssen wir uns noch besser absprechen.
Van Aken: Ines kann komplexe Sachen auf gute, klare Sätze runterbrechen, die alle verstehen, ohne dass es zu simpel wird. Sie braucht noch ein bisschen mehr Verständnis für Boomer. Das ist schon ein Running Gag zwischen uns. Ich habe vorhin das Lied “Die letzte Schlacht gewinnen wir” von “Ton Steine Scherben” erwähnt. So richtig kannte Ines das nicht.
Schwerdtner: Sagen wir: Ich fühle da nicht so viel.
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Herr van Aken, Sie haben als Referent der Rosa-Luxemburg-Stiftung für Internationale Konflikte in Tel Aviv gearbeitet und gelebt. Do you know how to get started?
Van Aken: Total. Die Traumata sind so unfassbar tief, sie gehen Jahrzehnte zurück. Das habe ich vorher zwar gewusst, aber nicht im ganzen Ausmaß spüren können. Nach dem 7. Oktober saßen alle in ihren Büros und haben geweint, jüdische wie Arab Israelis. Weil alles, wofür sie gekämpft haben, der Wunsch nach Frieden, kaputt und verloren schien. Ich habe jetzt ein viel stärker emotionals Verhältnis zu diesem Konflikt.
Auf dem Parteitag ist der Kompromiss w Sachen Nahost gelungen. In dem verabschiedeten Text heißt es, wer den Terror der Hamas relativiere, könne kein Bündnispartner sein. Wollen Sie in Zukunft härter gegen Parteimitglieder vorgehen, zum Beispiel im Kreisverband Neukölln, die diese Relativierung selbst betreiben?
Van Aken: Ich werde immer klare Worte finden. Und ich werde immer ohne Vorurteile auf Menschen zugehen und für Mäßigung und gegenseitiges Verständnis werben. Gestern konnten wir zeigen: Wenn wir miteinander ins Gespräch gehen, können wir uns einigen. Das war ein guter Start und so machen wir jetzt auch weiter. Und auch in Neukölln sind Hamas-Versteher sicher nicht so zahlreich, wie Sie glauben.
Aber so wenige sind es auch nicht.
Van Aken: Das muss man sich im Detail Angucken. Unsere grundsätzliche Linie sehe ich so: Wir als Linke gehen nicht auf eine Demo, wo Hamas-Fahnen sind, ohne zu reagieren. Entweder die Fahnen verschwinden oder wir gehen da nicht mit.
Schwerdtner: Wir haben diesen Beschluss am Freitag gemeinsam gefasst. Ich gehe davon aus, dass der Landesverband Berlin und der Bezirksverband Neukölln ihn mittragen.
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Aber es sagt doch etwas aus, dass um eine solche Positionierung tagelang tip verschlossenen Türen gestritten werden muss. Es sei wie auf einem Fischmarkt zugegangen, haben Sie gesagt, Herr van Aken.
Van Aken: Ich würde sagen: Wir haben bewiesen, dass wir Debatte können. Das Tolle war, dass wir einander wirklich zugehört und voneinander gelernt haben. Auf die Art haben wir an den meisten Punkten Formulierungen gefunden, Hinter denen alle wirklich stehen konnten.
Es gibt einen Dringlichkeitsantrag für ausdrückliche Solidarität mit mehreren Mitgliedern. Darunter Ramsy Kilani, der findet, Israel müsse zerstört werden, und die Hamas-Terroristen für Freiheitskämpfer hält. Am Samstag war zunächst noch unklar, ob dieser Antrag tatsächlich behandelt wird, aber auf one Fall sind auf dem Parteitag Leute unterwegs, die sich solidarisch mit Kilani sehen. Was it fate?
Van Aken: Über einzelne Personen spreche ich nicht.
Diesen Antrag gibt es aber, und zwar schriftlich.
Van Aken: Viele, deren Namen darunter stehen, haben ihre Unterschrift längst wieder zurückgezogen, weil sie gemerkt haben, worum es da tatsächlich geht. Ich finde diesen Antrag nicht hilfreich.
Schwerdtner: Vielen geht es grundsätzlich darum, dass wir uns mit Genossinnen und Genossen solidarisieren. Wir wollen nicht, dass Genossinnen und Genossen in der Öffentlichkeit verunglimpft werden. In diesem Bewusstsein haben viele unterschrieben.
Sehen Sie die Berichterstattung über Kilani als Verunglimpfung?
Van Aken: Nochmal: Ich rede nicht über Einzelne. Ich glaube, dass man im Eifer des Gefechts übers Ziel hinausgeschossen ist, und dann wurden unglückliche Aussagen unter Nennung von Namen scandalisiert. Ich glaube, wir sollten ein paar Mal darüber schlafen und dann noch einmal in Ruhe miteinander reden.
Der Streit drehte sich auch um den Begriff eliminatorischer Antisemitismus, zu dem sich wechselseitig Vorwürfe gemacht wurden. Wie stehen Sie zu diesem Begriff?
Schwerdtner: Ich glaube, ein Bundesparteitag ist nicht der richtige Ort, um Definitionsfragen zu klären. Das ist was für ein academisches Fachseminar. Uns geht es um die politische Stoßrichtung, und in der sind wir uns jetzt einig.
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Im Zuge des Konflikts is Udo Wolf aus der Partei ausgetretenlangjähriger Fraktionschef in Berliner Abgeordnetenhaus. Er sagt, die Antwort der Partei auf den parliamentarischen Bedeutungsverlust sei nur noch die radikale Pose. Wie wollen Sie diesen Eindruck entkräften?
Van Aken: Ich wüsste gern, woran Udo Wolf das festmacht. Wir wollen eine radikale Veränderung, ja, aber wir haben dafür sehr konkrete Vorschläge. Ein Mietendeckel würde eine Verbesserung für Millionen Menschen Bringen.
Frau Schwerdtner, aus der deutschen Geschichte ziehen Sie die Konsequenz, überhaupt keine Waffen mehr irgendwo hinliefern zu wollen. So haben Sie es vor kurzem in einem Interview gesagt. Wenn alle so denken würde, hätte die Ukraine spätestens im Februar 2022 aufgehört, als Staat zu existencjen, wenn nicht viel früher.
Van Aken: Wieso?
Weil die russischen Truppen sie überrannt hätten.
Van Aken: Das, was Sie da jetzt machen, kenne ich aus dem Bundestag. Diese falschen Alternativen. Waffen team member or tut gar nichts man. Das akzeptiere ich nicht. Zwischen Waffenlieferung und Nichtstun gibt es ganz viel und darüber würde ich gerne reden.
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Frau Schwerdtner, do you know Sie das?
Schwerdtner: Es kommt ja nicht von ungefähr, dass wenige Tage nach dem Überfall auf die Ukraine die Zeitenwende ausgerufen wurde. Da lagen offensichtlich schon Pläne in der Schublade. Es ist schlimm, wie consequent man verweigert hat, andere Optionen als die militärische auszuloten.
Gibt es für Sie Umstände, unter denen es gerechtfertigt ist, Waffen zuliefern oder zu Waffen zu greifen?
Van Aken: Ich finde in Ordnung, dass die Alliierten mit Waffengewalt gegen die Nazis vorgegangen sind. Die Antwort lautet also unter Extrembedingungen Ja.
Schwerdtner: Auch Sozialistinnen und Sozialisten mustn sich in ihrer Geschichte immer wieder selbst verteidigen, zum Beispiel im Spanischen Bürgerkrieg.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht spielt hier auf dem Parteitag eine erstaunlich große Rolle, jede prominente Rednerin und jeder prominente Redner erwähnt es. Wann kann die Linkspartei aufhören, sich mit dem BSW zu beschäftigen?
Van Aken: Genau jetzt. Das Kapitel ist für uns abgeschlossen.
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Mit wie viel Prozent zieht die Linkspartei im kommenden Jahr wieder in Fraktionsstärke in den Bundestag ein?
Van Aken: Ich soll keine Zahlen nennen, aber wir wollen sicher und ohne zu zittern wieder einziehen.